Das Pferd ist ein wunderbarer Spiegel für uns Menschen. Kein Wunder, dass sich das Angebot an pferdegestützten Trainings und Coachings eines ansehnlichen Wachstums erfreut.
Die Ansprüche an einen pferdegestützten Coach sind hoch, hat er doch neben dem Wohl des Klienten auch das Wohl des Pferdes im Auge zu behalten und zusätzlich die Sicherheit für alle Beteiligten.
Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeiten wir nun schon mit Pferden und Menschen in unterschiedlichen Settings, seien es Trainings, Coachings oder im Rahmen unserer Ausbildung Coaching mit Pferden. Hier sind 7 der Schlüsselelemente für die erfolgreiche und freudvolle Arbeit als pferdegestützter Coach und Trainer.
1. Die Erkenntnis zählt, nicht das Ergebnis
Ich sehe es noch vor mir, als wäre es gestern gewesen. Saskia steht in der Mitte des Picador, Donny am Rand, entspannt, ein Hinterbein in Entlastungsstellung. Saskia bemüht sich mit grosser Anstrengung, Donny zum Bewegen zu ermutigen. Erfolglos. Sie erhebt leicht ihre Stimme und wird ärgerlich. Dann gibt sie auf. Verzweifelt.
Ich stelle ihr Fragen, sie grübelt, will nochmals ran. Ich lasse sie ihr inneres Schauspiel erfühlen, sie kämpft mit sich, ihren Gefühlen und ihren Gedanken. Plötzlich verändert sich ihr Blick, sie wirkt, als sei sie vom Blitz getroffen. Die Erkenntnis ist da! Sie realisiert, dass der Leistungsdruck, den sie sich ständig aufbürdet nicht zielführend ist, dass er ihr die letzte Energie raubt und sie in einen Aktionismus ohne Ergebnis verfällt.
Noch ein Dialog zwischen uns und Saskia stellt sich neben Donny. Ganz ruhig steht sie da und lässt sich auf das Pferd ein, übernimmt dessen Botschaften und Energie. Tränen des Glücks und der Dankbarkeit rollen über ihre Wangen. Loslassen, durchatmen und geniessen, das sind ab jetzt wichtige Komponenten in Saskias Leben.
Diese kleine Geschichte zeigt es deutlich: Im pferdegestützten Coaching geht es nicht darum, dass ein Klient die ihm gestellte Aufgabe mit Bravour absolviert. Ein Feedback ‚gut gemacht‘ ist zwar im Moment aufbauend, bringt ihm im Alltag aber herzlich wenig. Viel wichtiger ist es, dass er eine für ihn wichtige Erkenntnis mitnimmt und diese emotional integriert. Genau das lernst du in der Ausbildung Coaching mit Pferden.
2. Beobachten statt Interpretieren
„Das Pferd hat dich ignoriert“, „das Pferd mag mich nicht“, „das Pferd hat keine Lust“. Viel zu oft höre ich Kommentare dieser Art, sei es aus den Reihen der Beobachtenden, vom Klienten selber oder sogar von Coaches. Solche Kommentare haben in einem professionellen pferdegestützten Coaching nichts zu suchen, denn sie sind Interpretationen. Mass dir als Coach nicht an, Gefühlszustände, Glaubenssätze oder Verhaltensmuster exakt zu erkennen. Du magst sie vielleicht spüren oder aufgrund deiner Erfahrung oft richtig liegen, aber ob sie Tatsache sind, bleibt offen. Dies kann nur der Klient selber beantworten. Beschreib, was du gesehen hast oder was du wahrnimmst und formulier daraus gezielte Fragen. Lass dann den Klienten aufgrund seiner eigenen Wahrnehmungen herausfinden, wo die für ihn wichtigen Erkenntnisse liegen.
3. Lass dich nicht in pferdetechnische Gespräche verwickeln – pferdegestütztes Coaching ist keine Technik
Eine der grössten Ängste in pferdegestützten Coachings ist die Versagensangst. Schliesslich sind wir gewohnt, Lob zu erhalten, wenn wir reüssieren. Viele Teilnehmenden stellen daher Fragen zum technischen oder vermeintlich richtigen Umgang mit Pferden: „Muss ich nun die Leine eng oder locker lassen?“, „auf welcher Seite muss ich stehen?“. Die Kommentare der Beobachter gehen oft in die gleiche Richtung: „du hast die Leine viel zu locker gehabt“, „du musst vor dem Pferd gehen“, sind dann Aussagen.
Mein Kommentar: „Du kannst das Pferd nicht mit nach Hause nehmen, was nützt es dir also, wenn du hier Pferdetechnik lernst?“. Die pferdegestützte Arbeit ist nicht mit einer erlernbaren Technik zu vergleichen. Sie zielt darauf ab, dass wir Menschen dank Selbstwahrnehmung unseren persönlichen Entwicklungsprozess aktivieren und so wachsen. Nur wenn du als Coach diesen Prozess begreifst und strikt lebst, verhilfst du deinem Klienten zum nachhaltig wertvollen Erfolg, den die pferdegestützte Arbeit verspricht. Darauf gehen wir in der Ausbildung Coaching mit Pferden intensiv ein.
4. Das Pferd ist Partner und redet mit – vertrau ihm
Das Team der Fleck AG hatte sich in der Reithalle versammelt. Ich erklärte eine Übung und wir waren in regem Austausch. Normalerweise steht dann das Pferd neben mir und ‚hört zu‘. Dieses Mal jedoch fand Red Rose keine Ruhe. Sie wollte einfach nur weg. Im Bewusstsein, dass die Pferde meine Coaching-Partner sind, nehme ich ihre Befindlichkeit sehr ernst. In der geschilderten Situation war das Verhalten von Red Rose auffällig und liess sehr unterschiedliche Hypothesen zu. Ich folgte meiner Intuition und begann der Gruppe Fragen zu stellen.
Nach einigem Gemurmel und Gebrummel brach es dann aus ihnen heraus: Während der Anreise gab es einen heftigen Streit zwischen verschiedenen Teilnehmenden, dieser wurde nicht ausdiskutiert, sondern lag noch richtig dick in der Luft. Kein Wunder, dass Red Rose bei so viel unterdrücktem Ärger Reissaus nehmen wollte. Einmal mehr war ich dankbar, dass ich meinem Partner Pferd vertraut und mich nicht in Interpretationen oder emotionalen Mustern verstrickt hatte. Denn kaum war das Thema auf dem Tisch, hatten wir eine optimale Basis für die bevorstehende Arbeit geschaffen und Red Rose war die Ruhe selbst.
5. Überforderung bringt nichts
Mit der pferdegestützten Arbeit bewegen wir uns auf einem schmalen Grad, denn es ist ein Leichtes, die Teilnehmenden zu überfordern und zu entmutigen. Es gibt wohl Ausbilder, die diese Strategie verfolgen. Doch wie soll ein Mensch, der am Boden zerstört ist und kein Vertrauen mehr in seine Fähigkeiten hat, an sich selber arbeiten und den Mut haben, sich auf Neues einzulassen? Der Zugang zu seinen tiefsten Gefühlen schliesst sich so eher, als dass er sich öffnet.
Achte deshalb beim Übungsaufbau, unabhängig davon, was möglich wäre, darauf, stets einfach anzufangen und steigere die Anforderungen je nach Klient langsamer, gar nicht, oder schneller. Lass dabei das Ziel des Coachings nicht aus den Augen. Sei dir bewusst, dass selbst die kleinsten Schritte und Erkenntnisse für den Klienten unheimlich wichtig sein können.
6. Störungen haben Vorrang
Es kommt meist nicht so, wie du denkst. Unabhängig davon, was du dir vorgenommen hast, beachte den Grundsatz ‚Störungen haben Vorrang‘ immer. Sei es, dass der Klient nicht in der Verfassung ist, die geplante oder überhaupt eine Übung am Pferd zu machen – dann nimm andere Coachingmethoden zu Hand. Sei es, dass das für den Einsatz geplante Pferd nicht bereit ist, gesundheitlich oder emotional – gib ihm den Raum und arbeite mit einem anderen.
Wenn du diesen Grundsatz übergehst, wird das Coaching weder erfolgreich noch zufriedenstellend sein. Im Gegenteil, es könnte ausarten und dich überfordern, einfach, weil die Grunddisposition nicht stimmt.
Ich weiss, was hier in wenigen Zeilen geschrieben steht ist in der Praxis sehr anspruchsvoll, denn es geht darum, unser Ego und unsere Ziele zurückzustellen und unserer Intuition zu vertrauen. Lieber verschiebst du das Coaching und trinkst mit dem Klienten gemütlich einen Kaffee, als dass du dich stur an etwas klammerst.
7. Sicherheit geht vor
Sei immer gewahr, dass
- Pferde Fluchttiere sind und dass selbst das ruhigste und ausgeglichenste Pferd erschrecken kann,
- du es in den Coachings meist mit Pferdelaien zu tun hast und
- die Gruppendynamik einen erheblichen Einfluss hat.
Die Sicherheit für Pferd und Mensch stets im Auge zu behalten ist deshalb oberste Pflicht. Überleg dir, welche Faktoren in deiner Arbeitsumgebung wichtig sind und bau zu Beginn der Arbeit einen Block ‚Sicherheit am Pferd‘ ein.
Dies sind einige Punkte, worauf es bei der Durchführung von pferdegestützten Coachings und Trainings ankommt. Selbstverständlich ist diese Aufzählung nicht abschliessend. Wenn du mehr über die Ausbildung Coaching mit Pferden erfahren möchtest, dann lade hier den Leitfaden herunter:
Im nächsten Blog geht es um die professionelle Durchführung eines pferdegestützten Trainings und wie du als Coach authentisch auftreten kannst.
Weiterführende Beiträge:
Ausbildung pferdegestützter Coach
Eine Antwort
Liebe Antoinette, vielen Dank für den fundierten Artikel über die Arbeit als Coach mit Pferden und Menschen. Du sprichst mir aus der Seele. Alle Punkte unterschreibe ich zu 100%.
Das Wichtigste ist die Begleitung des Erkenntnis-Prozesses des Clienten und das Hören auf den Co-Coach Pferd: Schliesslich hat es eine eigene Meinung!