Es ist jedes Mal wieder eine neue Herausforderung eine pferdegestütztes Coaching zu halten. Sei es für eine Gruppe oder für eine Einzelperson. In den letzten 12 Jahren glich kein Coaching dem anderen, jedes Mal habe ich es mit einer komplett anderen Situation zu tun. Umso wichtiger ist es für mich, das ich mir als Coach treu bleibe und eine klare Linie für mein Handeln habe.
In meinem letzten Blog: Ausbildung Coaching mit Pferden: 7 Grundlagen für ein erfolgreiches pferdegestütztes Training bin ich auf die Grundlagen für ein professionelles pferdegestütztes Coaching eingegangen.
In diesem Artikel gebe ich dir 7 wichtige Tipps wie du dich optimal auf ein Coaching vorbereitest und welche Faktoren wichtig sind, damit du mit einer klaren inneren Haltung ins Coaching gehst.
1. Werde dir über deine Coaching-Grundsätze klar und handle danach
Erarbeite deine persönlichen Coaching-Grundsätze. Beantworte Fragen zu den Themen:
- Was ist dein Menschenbild?
- Was ist deine Rolle?
- Welche Punkte sind dir im Rahmen des Coachingprozesses wichtig?
Mit deinen persönlichen Grundsätzen baust du dir das Fundament deiner Arbeit. Sie werden zu Leitsätzen, die dich in anspruchsvollen Situationen begleiten und aufbauen oder sie sind eine Grundlage um zu entscheiden, ob du ein Coaching annimmst oder ablehnst. Genau das lernst du bei der Ausbildung pferdegestütztes Coaching.
2. Bereite dich vor – aber plane nicht
Eine gute Vorbereitung ist das halbe Coaching. Richtig, die Frage ist nur, wie du dich vorbereitest und noch wichtiger, wie du dich nachher im Coaching verhältst.
Im Zentrum steht die persönliche Vorbereitung für dich selber
- Nimm dich selber wahr und sorge dafür, dass du körperlich fit, mental fokussiert und emotional neutral bist. Ich gehe davon aus, dass du deine eigenen Methoden und Übungen hierzu hast.
- Schaff eine angenehme Atmosphäre und reinige wenn immer möglich auch energetisch.
- Nimm mit den Pferden Kontakt auf und bereite sie auf die bevorstehende Arbeit vor.
- Verbinde dich geistig und emotional mit dem Klienten.
- Fühle dich ein und nimm mögliche Themen wahr. Überlege dir hierzu, welche Übungen mit und ohne Pferd zu deinen Annahmen passen. Prüf allfällige Notizen aus vorausgegangenen Coachings und stell so Möglichkeiten eines Ablaufs zusammen.
Lass dich ab jetzt überraschen und sei offen, was immer dir begegnet. Denn aus eigener Erfahrung weiss ich, dass es meist anders kommt als geplant. Dass der Klient andere Themen mitbringt, als ihr vor besprochen habt oder dass er ganz einfach anders disponiert ist. Lass dann deinen Plan oder deine Ideen los und lass dich führen. Hier braucht es Mut zur Intuition.
3. Vertraue deiner Intuition
Intuition und Wahrnehmung sind zwei der wichtigsten Qualitäten eines Coaches für pferdegestützte Arbeit. Oft wirst du nicht wissen, resp. intellektuell nicht nachvollziehen können, warum du eine Frage stellst und kannst diese somit auch nicht begründen. Das ist auch nicht nötig. Solange du offene Fragen stellst und keine manipulativen oder rhetorischen, ist alles gut. Vertrau deinen Impulsen, Bildern und der Intuition. Versuchst du, die komplexen Situationen, die sich zwischen Mensch und Pferd ergeben, intellektuell zu erfassen, bist du sofort überfordert und verlierst die Verbindung zu dir selber. Wenn diese Verbindung erst mal gekappt ist, dann spürst du auch das Pferd nicht mehr richtig und du wirst unsicher, was sich sofort auf Pferd und Klient überträgt. Es ist dann der richtige Zeitpunkt um eine Pause zu machen und dich wieder zu sammeln. Machst du das nicht, wirst du zum Spielball deines Egos.
4. Hab Mut zum Schmerz
„Ich weiss, ich lasse mich manipulieren. Schon immer, mein Leben lang hat man mich rumgeschubst.“ Heidi sitzt auf dem Boden und weint. Der Fluss der Tränen findet kein Ende, immer wieder schluchzt sie laut, ihr Körper zittert. Szenen dieser Art sind in pferdegestützten Coachings nicht selten. Die Pferde holen so manchen Schmerz aus uns heraus, auch solche, von denen wir glaubten, sie seien schon längst überwunden.
Wie reagierst du als Coach? Sind andere Teilnehmende dabei, so folgen sie meist dem Impuls, den/die Kolleg:in zu trösten, sie in die Arme zu schliessen und die Lage zu beschwichtigen. Falsch! Sei dir bewusst, dass Tränen, weinen und Ausbrüche anderer Art Reinigungsprozesse sind. Dass jede Träne, die fliesst, loslassen, fliessen lassen und Befreiung bedeutet. Unterbrich diesen Prozess nicht weil du es selber kaum aushalten kannst, einen Menschen im Schmerz zu sehen. Finde den Mut, die Menschen dorthin zu führen und sie dann zu unterstützen. Dies natürlich nur, wenn du überzeugt bist, dass genügend Energie für einen solch anspruchsvollen Prozess vorhanden ist. Bei einer professionellen Ausbildung des pferdegestützten Coachings lernst du mit solchen anspruchsvollen Situationen umzugehen.
5. Hab Mut zur Einfachheit
Maria steht am Pferd, klein sieht sie aus und zerbrechlich. Es ist die zweite Übung, die sie absolviert. Die erste gelang so halb, irgendwie haben sie und das Pferd den Weg ins Ziel geschafft. Zufrieden ist Maria nicht. Aufgeben? Nein! Es sind ja die Kollegen hier, da kann sie nicht aufgeben. Ich meine zu spüren, was Maria braucht – eine Zapfsäule, ein grosses Herz, das sie aufnimmt und eine Oase, in welcher sie einfach sein darf. Es dauert eine Weile, bis Maria genau zu dieser Erkenntnis gelangt und dankbar ist, dass ich ihr diese Auszeit biete. Sie setzt sich draussen an die Sonne neben Holigane, unsere Leitstute und geniesst es, einfach zu sein. So einfach war diese ‚Übung‘ für Maria und doch so effektiv. Sie hat sich erlaubt, aufzutanken, sich auszuklinken und auf sich zu hören. Nichts, was Aufsehen erregte, aber genau das war’s, was sie brauchte.
6. Weniger ist mehr
Das Coaching am Pferd löst viel mehr aus, als dass wir im ersten Moment erkennen können. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Coachee mehr mitnimmt, wenn er wenige Übungen sehr bewusst macht und auch mal Zeit zum Durchatmen und Verarbeiten findet, als wenn er vom Coach von einer Aufgabe zur anderen geschubst wird. Das ständige Agieren im Aussen verhindert, dass der Coachee seinen Emotionen nachspürt und deren Botschaften erkennt, das Coaching ist also weniger effektiv. Also nicht aus Angst, nicht genügend zu bieten oder aus Angst vor Tiefe, in Aktionismus ausarten.
7. Es gibt kein Richtig oder Falsch
Wir Menschen tendieren dazu, im Recht sein zu wollen und haben den Anspruch, zu wissen, was richtig oder falsch ist. Genau wie in der Führung geht es im pferdegestützten Coaching jedoch nicht darum, etwas richtig, d.h. gem. Normen oder Vorgaben zu tun, sondern es authentisch zu tun. Glaubwürdig sind wir nur, wenn wir etwas so tun, wie es genau uns entspricht. Das Pferd entlarvt Rollenspiele sofort. Halte dich also davor zurück, vorschreiben zu wollen, wie die Teilnehmenden eine Aufgabe am Pferd ausführen sollen oder zu bewerten, welche Führposition nun besser oder schlechter sei. Als Coach solltest du in der Lage sein, deine Vorstellungen und Überzeugungen hinten anzustellen und dich auf Wahrnehmung und das Feedback des Pferdes zu konzentrieren. Tust du das nicht, wirst du zum Berater oder Lehrer. Es ist deine Entscheidung, ob du Coach oder Berater sein möchtest. Sei dir jedoch bewusst, dass es nicht dasselbe ist und das Ergebnis des Coachings anders ausfällt.
Dies sind einige Punkte, worauf es für dich als Coach bei der Durchführung von pferdegestützten Trainings und Coachings ankommt. Selbstverständlich ist diese Aufzählung nicht abschliessend.
Im nächsten Blog geht um die Punkte, die du als professioneller Coach auf jeden Fall vermeiden solltest.
Weitere Beiträge:
Ausbildung pferdegestützter Coach
Pferdecoaching: Deine Verantwortung als Coach für die Pferde
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Wenn du mehr über die Arbeit als Coach und die Ausbildung pferdegestütztes Coaching erfahren möchtest, dann lade hier den Leitfaden: ‚Ausbildung Coaching mit Pferden‘ herunter: