Gemütlich schlendere ich zum Kaffeeautomaten, als mich plötzlich einer meiner Mitarbeiter anbrüllt und mir zwei prall gefüllte Ordner vor die Füsse knallt. Während ich noch versuche zu verstehen, was da gerade abläuft, drischt der Mitarbeiter mit beleidigenden Worten weiter auf mich ein. Am nächsten Tag muss ich mit ansehen, wie ein Mitarbeiter während eines Meetings mit dem Kunden wutentbrannt aufsteht und brüllt: „Mit euch arbeite ich nicht mehr zusammen.“ Wenige Augenblicke später verlässt er den Raum. In einem anderen Fall beobachte ich, wie sich zwei Geschäftspartner monatelang mit zweideutigen Mails eindecken und einander sanft drohen. Es scheint, dass sich keiner so richtig traut, die Dinge beim Namen zu nennen.
In den letzten Jahrzehnten habe ich unzählige Konflikte beobachtet, sowohl im Privat- wie auch im Geschäftsleben, zwischen individuellen Personen sowie Teams oder gar zwischen ganzen Firmen. Mangel an Verständnis für ein gemeinsames Ziel, Meinungsverschiedenheiten bezüglich Werten, Kampf um gemeinsame Ressourcen, das mangelnde Einfühlungsvermögen sind nur einige von vielen Gründen, warum Konflikte entstehen können.
Wichtig dabei ist zu wissen, dass es sowohl heisse Konflikte – das sind diejeinigen, die sofort ausbrechen – wie auch kalte Konflikte – die sich langsam entwickeln und ausbreiten – gibt. Letztere betrachte ich als gefährlicher, da sie eine lange Reifezeit haben und beim Ausbruch schwieriger in den Griff kriegen lassen. Friedrich Glasl (österreichischer Ökonom, Organisationsberater und Konfliktforscher) unterscheidet zudem zwischen 9 verschiedenen Konfliktstufen, wobei ab Stufe 6 die Wahrscheinlichkeit für eine friedliche Lösung immer mehr sinkt. Hat man erst einmal diese Stufe erreicht wird sehr oft nur noch zu den Kanonen gegriffen um den Gegner endgültig zu vernichten. Glücklicherweise lassen wir am Arbeitsplatz die Kanonen stecken.
Dennoch: in Anbetracht der Tatsache, dass uns Konflikte, die zu Behandlungskosten und Ausfälle am Arbeitsplatz führen, die Volkswirtschaft belasten, und laut AOK-Fehlzeiten-Report mehr als 40 Mrd. Euro kosten lohnt es sich auf jeden Fall Konflikte entweder vorzubeugen oder zu wissen, wie man Konflikte lösen kann.
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Gewaltfreie Kommunikation.
Worte können mehr zerstören als Waffen. Das wusste schon Gandhi und deshalb gehört er zu den grossen Pionieren der gewaltfreien Kommunikation beim Konflikte lösen.
- Du -Botschaften („Du bist schuld.“)
- Bewerten („Das siehst du falsch.“)
- Belehren („Da hättest du mal zuhören müssen.“)
- Befehlen („Du musst halt einfach…“)
- Unterstellen („Das ist wieder mal typisch.“)
- Ironie, Sarkasmus („Schön, dass du heute mal pünktlich bist“) sollen vermeiden werden und fördern ein friedliches Klima.
Mit der Methode der gewaltfreien Kommunikation von Marshall B. Rosenberg sind 4 Schritte für Konflikte lösen definiert:
- Beobachtung: Die konkrete Handlung wird beschrieben.
- Gefühl: Das Gefühl das dabei entsteht wird mitgeteilt.
- Bedürfnis: Das daraus entstandene Bedürfnis wird beschrieben und mitgeteilt.
- Bitte: aus dem Bedürfnis wird eine klare Bitte formuliert
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Gewaltfreies Zuhören.
Oft fühlt man sich unnötig von einer Kritik betroffen und schlägt verbal sofort zurück. Frage dich stattdessen: Warum reagiert der andere so? Welches könnten die verschiedenen Gründe für sein Verhalten sein? Versetzte dich einfach in die Schuhe des anderen und blicke hinter die Fassade des anderen. Zeig dem anderen, dass du ihn verstehst. Das beweist Empathie, hilft sich auf der Sachebene zu bewegen und einen Konflikt schnell zu deeskalieren. Lese hier mehr zum Thema Aktives Zuhören.
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Selbstvertrauen stärken.
Wer seine innere Mitte gefunden hat und diese pflegt, weiss wer er oder sie ist und wird stärker gegenüber Angreifern. Hol dir zum Beispiel die Kraft in der Meditation oder in der Natur.
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Entkoppeln.
Nicht sofort zurückschlagen sondern von 25 zurückzählen. Dadurch verändert sich der Fokus und du wirst ruhiger.
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Klarheit schaffen.
Frage deine Konfliktparteien, wie es ihr oder ihm geht, stelle W- Fragen, um den Partner dazu zu bringen sein Verhalten selber in Frage zu stellen. Dies ist ein wichtiger Schritt beim Konflikte lösen.
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Feedback geben.
Kalte Konflikte entstehen sehr oft, weil man sich nicht traut offen und ehrlich ein Feedback zu geben oder zu seiner Meinung zu stehen. Wer authentisch ist und anderen mit Wertschätzung ein Feedback gibt, gewinnt an Klarheit und Glaubwürdigkeit und schafft eine Basis des Vertrauens. Gib Feedbacks immer unmittelbar, was dich auf natürliche Art und Weise stark macht.
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Sprich über deine Emotionen.
Sollte es dir während oder nach einem Konflikt schlecht gehen, so sprich in der ICH – Form über deine Empfindlichkeiten. Das macht dich menschlich, es öffnet die Türe zu deinem Inneren und der Konfliktpartner fängt an, sich in dich und deine Welt hinein zu fühlen. Mehr dazu in unserem Blogbeitrag “ Sich selbst entwaffnen – die entscheidende Kraft bei Veränderungen“.
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Klare Ansage.
Leider gibt es Partner, welche auf ihrem Standpunkt verharren, nicht bereit sind Konflikte zu lösen, oder immer wieder zurückschlagen, um ihr Ego zu befriedigen. In solchen Fällen gibt es nur einen Weg: Stärke zeigen, konsequent aber wertschätzend deinen Weg gehen. Das wiederum erzeugt Glaubwürdigkeit und Vertrauen.
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Erzeuge einen „Sense of Urgency“.
Veränderungen finden nur statt, indem man entweder der Freude folgt oder Schmerz vermeidet. Letzteres ist die Grundlage, um einen sogenannten Sense of Urgency oder Leidensdruck zu erzeugen. Diesen erzeugt man nicht nur, indem man Horrorszenarien aufzeigt, sondern indem man sich zurückzieht. In einem grösseren Projekt zum Beispiel sah ich keine andere Möglichkeit als mich als Projetleiter zu verabschieden. Wochen danach begannen sich die Konfliktparteien wieder zu vertragen, denn mein Abgang war das Signal, dass die Lage wirklich ernst war und nun unbedingt etwas bewegt werden musste.
Die obigen Ratschläge helfen nicht nur beim Konflikte lösen und bei der Deeskalation von Konflikten sondern bilden die Grundlage für eine gestärkte Persönlichkeit, welche es auch versteht, sich bildende Konflikte im Vorfeld zu erkennen und vorzubeugen.
Ungelöste Konflikte brauchen viel Kraft und zerren an der Energie, sowohl an der des Unternehmens als auch an der eigenen. Es bleibt kaum mehr Raum für Kreativität und Innovation, die in der heutigen Zeit so wichtig sind. Unmotivierte Mitarbeiter und Verlust an Leistung ist die Folge. Doch nur maximale Energie schafft vollen Nutzen für Mensch und Unternehmen. Daher wird es immer wichtiger deinen Energiehaushalt und den des Unternehmens wieder auf einen hohen Level zu stellen.